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Love The Machines

Love The Machines
Label: Poker Flat Recordings / RecRec
Release date:
Präzise 24 Monate nach dem Debüt „Pläy“ lancieren Martini Brös ihr neues Album „Love The Machines“. Die Vermutung, dass aus dem früheren Bubblegum-Pop-Duo eines Tages eine richtig coole Band werden würde, sieht sich nun bestätigt. Vor zwei Jahren klang das noch so: "Wir flashen jedes Weekend, und alles just for you, wir tun es 'cause we love it, kommt her und hört uns zu!".

Dieses dööfe Bubblegum-Englisch, dem Song "Flash" entnommen, war damals noch symptomatisch für das verspielte Berliner Duo Martini Brös. Dazu gabs unbeschwerte – wer schimpfen will würde sagen naive – Popmusik auf elektronischer Basis; in guten Momenten mit Gitarren gewürzt, in lauen Phasen durch Xylophon-Gedudel und artifiziell jammernde Streichersätze verwässert. Vom künstlerischen Standpunkt her war „Pläy“ ein alles in allem anständiges, unterhaltsames Debüt. Vom Erfolg wars ein Tsunami; ausgedeutscht eine riesige Flutwelle, die – im positiven Sinne, alle mitriss, die sich mit dem Phänomen konfrontierten. Die Erklärung war simpler, als man nun vermuten würde. DJ Clé und Mike Vamp, das erfinderisch tüftelnde Duo hinter dem Namen Martini Brös, hatte den Zeitgeist mitten ins Herz getroffen. So führte die Tour d’Horizon vom Underground der deutschen Kapitale weit und weiter in die Welt hinaus; von europäischen Lounges zu asiatischen Clubs, vom Handshake mit Groupies zum Milkshake mit Stars – und schliesslich zu diversen Remixaufträgen, unter anderem für renommierte Akteure wie Tiga, Mr. Brooks und die Detroit Grand Pubahs.

Neue Ernsthaftigkeit

Von dieser Tour, erklären DJ Clé und Mike Vamp am Telefon, hätten sie enorm viel profitieren können. „Dabei waren es vor allem die andern Clubkulturen, die andern Mentalitäten, die uns geholfen haben, unsere Auftritte zu verbessern“, so Clé. Und Vamp ergänzt, dass sich diese Wander- und Lehrzeit auch bei der Produktion des neuen Albums niedergeschlagen habe. Ist dies der Grund, weshalb die neue Platte ganz konventionell „Love The Machines“ und nicht mehr albern „Löve The Mächines“ heisst? Mike Vamp: „Ja. Wir nehmen die ganze Sache nun ein bisschen ernster.“ Dann muss er schallend lachen. „Ernster“ heisst bei Martini Brös nämlich nicht, dass der 2002 eingeschlagene Weg bereits wieder künstlich gegabelt und die Berliner Tanzmaschine dadurch in eine andere Richtung fahren würde. Im Gegenteil – man hat die Reifeprüfung auf jener Wiese abgelegt, auf der man spielt, seit man 1998 zusammen fand.

Und dieser Playground ist die Synthesizermusik, „pendelnd zwischen Bett, Badezimmer und Dancefloor“, wie Clé präzisiert. Im Unterschied zu früher, als sich Martini Brös gemäss eigener Aussage rasch mal mit einem Track zufrieden gaben, sobald er ein wenig „pumpte“ und „groovte“, wurde diesmal gefeilt und poliert. Solange, bis ein jeder der 13 Songs auch beim x-ten Durchlauf noch eine knackige Frische aufweist. Neu ist auch, dass man die begleitende Instrumentierung markant ausgedehnt hat. Die Brös’sche Musik wird dadurch überraschend wandlungsfähig; „Love The Machines“ zu einer Welt mit schillernder Oberfläche und eindrücklichem Tiefgang, zu einem Album, das bisweilen auf den faszinierenden Unterwasser-Kosmos des gefeierten Kinosfilms „Deep Blue“ adaptiert scheint – und dessen Sound man deshalb mit gutem Gewissen als „Deep Blue Pop“ bezeichnen darf.

Das Kuckucksei aus den Sixties

Programmatisch für dieses neue Konzept ist das Stück „Dataman“. Obwohl das Duo hoch und heilig schwört, alle Samplings selbst eingespielt und alle Ideen in den eigenen Köpfen entwickelt zu haben, wird man das Gefühl nicht los, dass hier der Laid-Back-Titel „Bakerman“ Pate gestanden hat. Ein anderes Beispiel ist die Popnummer „Big & Dirty“, bei der die Botschaft „big and dirty’s how they like it / it gets on my nerves but it’s exciting“ durch eine melancholische Stringmelodie kontrastiert wird. Das ist frech und superb zugleich. Das grösste und beste „Kuckucksei“ im Martini-Nest ist aber zweifellos der Kurzsong „Smile“; eine psychedelisch angehauchte Sixtiesballade, die irgendwo zwischen den The Mamas & The Papas und Creedence Clearwater Revival herumtorkelt. „Es ist durchaus möglich“, erklärt der über das Kompliment hocherfreute Clé, „dass wir künftig mehr in diese Richtung arbeiten werden.“ 

Schön wärs auf jeden Fall. Doch schon jetzt darf man mit Genugtuung feststellen, dass sich die gehegte Vermutung, aus der ulkigen Bubblegum-Show Martini Brös würde eines Tages eine richtig coole Band werden, bereits bestätigt sieht.